Bäume im Gleis: Instandhaltung muss endlich sicher finanziert sein

Der erste große Herbststurm steht vor der Tür. Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorherzusehen, dass in den nächsten Tagen Bahnstrecken gesperrt werden. Das wäre zum Teil vermeidbar, doch es wurde drei Jahrzehnte an der Vegetationskontrolle gespart. Was jetzt getan werden muss.

Es gehört inzwischen zum Herbst dazu, dass Bahnstrecken gesperrt werden müssen, weil Bäume in die Gleise gefallen sind. Ursache ist (auch), dass seit mehr als 30 Jahren bei der DB an der Instandhaltung gespart wurde, gerade an Nebenstrecken.

Verschärft wird dieses Problem (wahrscheinlich) durch den Klimawandel. Die Bäume an den Bahnstrecken werden regelmäßig darauf untersucht, ob von ihnen Gefahren ausgehen. Bisher konnten die Expert:innen einigermaßen sicher vorhersagen, welche Bäume gefährdet sind und welche nicht. Allerdings fallen immer mehr unauffällige und augenscheinlich gesunde Bäume in die Gleise und das – wie zuletzt im August – zunehmend auch ohne äußere Anlässe wie Stürme.

Dabei schreiben die DB-internen Richtlinien vor, dass 6,5 m links und rechts der Gleise nichts wachsen soll, was den Bahnbetrieb gefährden könnte (das sog. U-Profil). Aus Kostengründen hat man aber lange Zeit den Schnitt eingespart, sodass in diesem Bereich inzwischen mancherorts kleine Wälder wachsen.

Deswegen wird man denn Sollzustand nicht schnell herstellen können. Bäume können nicht das ganze Jahr über gefällt werden und die Arbeiten an befahrenen Bahnstrecken sind zeitaufwändig.

„Aus unserer Sicht ist die DB auf dem richtigen Weg. Der Rückschnitt an den Gleisen wird seit einigen Jahren ernst genommen und macht gute Fortschritte. Die Fehler liegen in der Vergangenheit. Wir müssen der DB aber zugestehen, dass die 30 Jahre lang versäumte Instandhaltung nicht von heute auf morgen nachgeholt werden kann“, so Stefan Barkleit Vorsitzender des PRO BAHN-Landesverbandes Schleswig-Holstein/ Hamburg. Barkleit weiter: „Um diese ersten Erfolge nicht zu gefährden, darf in Zukunft nicht wieder an Instandhaltung und Vegetationskontrolle gespart werden. Die DB ist derzeit wieder unterfinanziert und wir haben Sorge, dass sich die Geschichte wiederholt. Hier ist die Bundesregierung gefordert, endlich für eine nachhaltige Finanzierung der Instandhaltung zu sorgen.“

Der Baum, der im August auf die Gleise fiel, stand 18 m entfernt vom Gleis, war aber 21 m hoch – mit einem Rückschnitt alleine innerhalb der 6,5 m wäre also niemandem geholfen. Doch hier können die Bahnunternehmen wenig machen, denn diese Bäume stehen in der Regel auf privatem oder kommunalem Grund. Die Bahnunternehmen können nur bei Gefahr im Verzug selber tätig werden, ansonsten gibt es nur eine Verkehrssicherungspflicht der Eigentümer:innen.

„Wer große Bäume auf einem Grundstück an einer Bahnstrecke stehen hat, ist nicht nur zur Kontrolle verpflichtet, sondern haftet im Schadensfall auch. Und Oberleitungsschäden und Sperrungen von wichtigen Bahnstrecken sind teuer – da kommt die private Haftpflicht schnell an ihre Grenzen. Grundstückseigentümer:innen sollten deswegen aus eigenem Interesse handeln“, so Jan Niemeyer, Mitglied des Landesvorstandes des PRO BAHN-Landesverbandes Schleswig Holstein/ Hamburg. Niemeyer weiter: „Den Anlieger:innen und Bahnunternehmen muss die Arbeit zudem erleichtert werden. Insbesondere muss das Land Schleswig-Holstein die Genehmigungsverfahren besser ordnen und vereinheitlichen. Viel zu oft wird jeder Baum als Einzelfall behandelt und in jedem Kreis entscheidet die Untere Naturschutzbehörde anders. Dass die Sicherheit des Bahnbetriebs Vorrang vor dem Naturschutz hat, muss sich in den behördlichen Verfahren widerspiegeln.“

Weder wir noch die Bahnunternehmen wollen dabei einen Kahlschlag entlang der Bahnstrecken. Tatsächlich gibt es vielfältige Konzepte für eine Bewirtschaftung dieser Flächen, die sowohl der Verkehrssicherheit dienen als die Artenvielfalt fördern. So sind Bahnanlagen zwar künstlich geschaffen, aber dennoch ein wertvoller Lebensraum. Bahndämme bieten gerade für Reptilien ideale Bedingungen. Regelmäßiges Mähen ist da sogar sinnvoll.

Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN und Pressesprecher des Landesverbandes Schleswig-Holstein/ Hamburg, mobil: 0172-2673784, e-mail: k.naumann@pro-bahn.de

Stefan Barkleit, Vorsitzender des PRO BAHN-Landesverbandes Schleswig-Holstein/ Hamburg, mobil: 0151-51462156, e-mail: barkleit@pro-bahn-sh.de

Jan Niemeyer, Mitglied des Landesvorstandes des PRO BAHN-Landesverbandes Schleswig-Holstein/ Hamburg, mobil: 0157-92358603, e-mail: niemeyer@pro-bahn-sh.de