Am 29.02. hat der Finanzausschuss dem Infrastrukturentwicklungsvertrag zugestimmt. In dem Vertrag hat das Land mit der DB Netz AG vereinbart, wie derzeit stillgelegte Strecken und Grundstücke für die Zukunft gesichert werden können. Anders als in den alten Verträge – der erste wurde 2000 geschlossen – sollen jetzt alle Strecken gesichert werden, die der DB in Schleswig-Holstein noch gehören, nicht nur ausgewählte.
Das sind die Strecken des neuen Vertrags (kursiv: die bisher gesicherten):
- Flensburg-Weiche – Flensburg ZOB
- Flensburg-Weiche – Risum-Lindholm
- Verbindungskurve Flensburg-Weiche – Dänemark
- Husum – Mildstedt (der Rest der Strecke nach Rendsburg)
- Heide – Tönning
- Neumünster – Ascheberg (gesamte Strecke statt bisher nur Bahnübergänge)
- Bahnhof Malente (in Richtung Lütjenburg)
- Bahnhof Bad Oldesloe (nur der DB Anschluss in Richtung Henstedt-Ulzburg, die eigentliche Strecke gehörte nie der DB, sondern der EBOE)
- Bad Oldesloe – Ratzeburg
- Hollenbek – Landesgrenze SH/MV (- Hagenow Land)
- Schwarzenbek – Bad Oldesloe
- Wilster – Brunsbüttel
- St. Michaelisdonn – Brunsbüttel Nord
- Wrist – Kellinghusen
- Eutin – Neustadt
- Lübeck St. Jürgen – Schlutup
- Rendsburg-Seemühlen – Fockbek
Dieses Jahr stehen 90.000 € aus Regionalisierungsmitteln zur Verfügung, ab 2025 jährlich bis zu 500.000 €. Es werden aber nur die tatsächlich entstandenen Kosten abgerechnet, bis 2019 waren das rund 50.000 € im Jahr, seither zwischen 127.000 und 350.000 € im Jahr. Geld wird in der Regel ausgegeben, um die Strecken verkehrssicher zu halten, etwa durch die Sicherung von Brücken.
Mit der Aufnahme weiterer Strecken soll keine Kostensteigerung verbunden sein, da bei den neuen Kandidaten häufig keine Schienen mehr vorhanden sind. Die DB wird dann nur vom Verkauf der Grundstücke abgehalten.
Die Landesregierung hat sich vor dem Hintergrund der Klimaziele selbst verpflichtet, möglichst viele Strecken zu erhalten. Die Liste wurde erweitert, um sich so wenig Optionen wie möglich zu verbauen.
Einzelne Strecken haben es dennoch nicht auf die Liste geschafft, etwa weil zu viel überbaut, entwidmet oder verkauft worden ist, kurz: weil es nichts mehr zu sichern gibt. Die Strecken nach Heiligenhafen oder Schleswig-Altstadt zählen leider dazu. Pönitz – Ahrensbök soll keine realistische Perspektive für eine Reaktivierung haben.
Diese Maßstäbe angelegt, fehlt aus unserer Sicht keine Strecke, auch wenn es bedauerlich ist.
Überraschung Bad Oldesloe – Schwarzenbek
Für uns völlig unerwartet, stand auch die Strecke Bad Oldesloe – Schwarzenbek auf der Liste. Die Strecke wurde im 19. Jahrhundert als militär-strategische Bahn für die Umfahrung von Hamburg gebaut. 1976 fuhr der letzte Personen-, 1984 der letzte Güterzug. Die Strecke wurde danach abgebaut. Zwischen Bad Oldesloe und Trittau wurde ein Radweg angelegt.
Die Grundstücke entlang des Radwegs sind teilweise noch für den Bahnverkehr gewidmet, dafür sind kleinere Abschnitte überbaut.
Für einen Bahnbetrieb müsste deswegen an manchen Stelle eine neue Trassenführung gefunden werden. Um das zu erleichtern, wird über den Betrieb als Tram-Train nachgedacht, also mit Fahrzeugen, die auch als Straßenbahn zugelassen sind und somit auf Straßen fahren könnten. Generell sind bei diesen Fahrzeugen die Anforderungen an Bogenradien, Steigungen und Trassenbreite deutlich einfacher als bei der „großen“ Eisenbahn.
Aus Sicht der Landesregierung hat die Strecke deswegen eine Perspektive, weil Hamburg wächst und der engere Siedlungsraum um die Stadt seine Kapazität erreicht hat. Bad Oldesloe und Schwarzenbek sind Siedlungsschwerpunkte im Großraum Hamburg und die neue Linie könnte das Einzugsgebiet vergrößern.
Wie bei den anderen gesicherten Strecken ist eine Reaktivierung nicht konkret geplant, die Entscheidung darüber wird erst mit dem nächsten Landesweiten Nahverkehrsplan getroffen. Er wird derzeit erarbeitet.
Eigener Vertrag mit Angelner Eisenbahn
Gar nicht auf der Liste stand bisher die Strecke Süderbrarup – Kappeln. Das konnte sie auch gar nicht, da sie einst vom Kreis Schleswig betrieben wurde und damit nie der DB gehörte.
Erstmals wurde jetzt ein Sicherungsvertrag mit einem anderen Unternehmen geschlossen, der Angelner Eisenbahn Gesellschaft UG. Sie betreibt die Strecke für den Angelner Dampfeisenbahn e.V.
Zukünftig bekommt die Gesellschaft jährlich 100.000 Euro für den Unterhalt.
Es brauchte gerade dringend Geld, um weiter Schwellen tauschen zu können und eine Stilllegung durch die Eisenbahnaufsicht abzuwenden. Deswegen wurden dieses Jahr 134.000 Euro bereit gestellt, um den akuten Bedarf zu decken.
Wir hoffen, dass die Strecke damit nicht nur erhalten, sondern auch weiterentwickelt werden kann. Derzeit beträgt die Streckenhöchstgeschwindigkeit wegen des Zustands des Oberbaus nur höchstens 30 km/h, mit einer Sanierung könnten es wieder 50 km/h sein. Es funktioniert nur noch der Bahnübergang an der Bundesstraße, der aber saniert werden muss. Mit weiteren technisch gesicherten Bahnübergängen könnte der Betrieb noch besser laufen.
Und derzeit ist die Weiche, mit der die Strecke in Süderbrarup angebunden ist, nicht an das Stellwerk angeschlossen. Eine Fahrt nach Kappeln ist deswegen immer aufwändig: die Fahrdienstleitung muss angerufen werden, die gibt einen Kasten an der Strecke frei, in dem der Schlüssel für die Weiche hängt – Weiche aufschließen, Einfahren, wieder verschließen, zurück zum Kasten – all das kostet Zeit. Das muss sich ändern, die Weiche muss endlich ferngesteuert werden können.
Bei den meisten Strecken geht es nur um eine Sicherstellung für einen zukünftigen Ausbau. Da auf der Strecke nach Kappeln kein kompletter Neubau notwendig erscheint, kann das Geld durchaus als Anschubfinanzierung für eine Reaktivierung gesehen werden.
Sinnvoll sanieren
Wer das Thema schon verfolgt hat, wird sich vielleicht über den Namen gewundert haben, war doch bisher vom Trassensicherungsvertrag die Rede, jetzt aber vom Infrastrukturentwicklungsvertrag. Keine kosmetische Änderung, denn es wurden Zweck und Budget erweitert.
So kann jetzt auch der Grundstückskauf zwischenfinanziert werden, wenn das Grundstück für einen geplanten Ausbau erforderlich ist. Damit können die Grundstücke frühzeitig gesichert werden, bevor das Ausbau startet.
Zusätzlich investiert das Land jetzt auch in nicht stillgelegte Strecken. Wenn die DB Strecken routinemäßig saniert, dann macht sie das häufig nur in gleicher Qualität. Bedeutet leider, dass die Chance für Verbesserungen nicht genutzt wird, etwa für Erhöhungen der Streckengeschwindigkeit. Dem Land ist das zu wenig, es wird jetzt Ausbauten mitfinanzieren.
Erprobt wurde das bereits im letzten Jahr bei der Sanierung der Strecke zwischen Eckernförde und Rieseby. Das Land hatte sich finanziell beteiligt, damit der Nordkopf des Eckernförder Bahnhofs schnellere Weichen bekommt (mit 80 statt 50 km/h befahrbar) und die Strecke künftig mit 110 km/h befahren werden kann (dafür muss aber noch ein Bahnübergang gesichert werden). Die Strecke wurde damit deutlich aufgewertet.