Antworten auf die Verkehrspolitischen Wahlprüfsteine zur Wahl der Hamburgischen Bürgerschaft am 23. Februar: Themenfeld Vision

Der Fahrgastverband PRO BAHN hat im Vorfeld der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft am 23. Februar in 11 Themenfeldern insgesamt 72 Wahlprüfsteine erstellt. Lesen Sie hier die Antworten der verkehrspolitischen Sprecher der in der Hamburger Bürgerschaft vertretenen Parteien zum Themenfeld Vision:

Wie stellen Sie sich einen erstrebenswerten ÖPNV in der Freien und Hansestadt Hamburg und in der Metropolregion Hamburg vor?

FDP: Hamburg braucht eine Mobilitätsoffensive, die für einen zuverlässigen angebotsorientierten, statt nachfrageorientierten ÖPNV steht. Dies erfordert den massiven Ausbau des Schienennetzes und kreative Lösungen, um den Weg von der Haustür zu S‐ oder U‐Bahnstation schnell und komfortabel zu gestalten. Nur damit kann der ÖPNV eine echte Alternative für den Autoverkehr sein.

Unser Ziel ist es, das zukünftige Verkehrswachstum durch einen sicheren, sauberen und zuverlässigen ÖPNV zu bewältigen. Der Hauptbahnhof ist an der Grenze seiner Kapazität angekommen. Wir Freie Demokraten fordern eine gesamtstädtische ÖPNV‐Netzplanung, die auch den Fernverkehr einschließt, um den Hauptbahnhof, als schwach Stelle des Systems, zu entlasten.

Darüber hinaus soll der schienengebundenen ÖPNV in der Stadt und in der Metropolregion ausgebaut werden. Die U4 soll in Richtung Süden weitergebaut, die U2 nach Norden und nach Bergedorf ergänzt sowie die Planung der U5 mit Anschluss des UKE und Weiterführung in Richtung Arenen und Lurup vorangetrieben und später durch einen Abzweig nach Groß‐Borstel Richtung Flughafen ergänzt werden. Um den Hamburger Westen insgesamt besser anzuschließen, aber auch die Metropolregion besser zu verknüpfen, soll die S32 von Altona gen Osdorf gebaut und langfristig auch bis Schenefeld verlängert werden.

Zur Attraktivitätssteigerung des Fernverkehrs für den Osten Hamburgs soll der Bahnhof Bergedorf auf der Strecke Hamburg – Berlin regelmäßig von Fernzügen angefahren wird. Zur Entlastung der S‐Bahn‐Strecke Bergedorf–Hamburg soll die Frequenz des Regional‐Express RE1 erhöht werden. Eine weitere Entlastung für das bestehende Schienennetz würde eine weitere Elbquerung mit einem zusätzlichen Elbtunnel für S‐Bahnen von Diebsteich/Altona mit sich bringen.

Um endlich die fehlenden Schienen‐Querverbindungen außerhalb des inneren Stadtbereichs zu schaffen, wollen wir die Güterumgehungsbahn auch für den ÖPNV nutzen und sie deshalb flächendeckend zweispurig ausbauen.

Wegen des begrenzt verfügbaren Straßenraums befürworten wir die Wiedereinführung einer Straßenbahn nicht. Sie liefe einem leistungsfähigen ÖPNV zuwider. Stattdessen setzen wir uns für den Ausbau der Eilbuslinien ein, um Querverbindungen zu verstärken und Schnellbahnen durch einen leistungsfähigen Ring zu verbinden.

Als Ergänzung des ÖPNV in Hamburg setzen wir uns zudem für den Ausbau und eine Takt‐Erhöhung der Fährverbindung ein. Hierzu zählen insbesondere die Fährverbindungen in die schlecht angebundene Stadtteile Wilhelmsburg und Finkenwerder.

Wir sind offen für ein Seilbahn‐System, das auch privat betrieben, Teil des ÖPNV werden kann.

SPD: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen den modernsten und leistungsfähigsten öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) als Rückgrat der Mobilität in unserer Stadt. Wir wollen die Attraktivität so steigern, dass die Fahrt mit einem eigenen Auto in den meisten Fällen gar nicht mehr nötig ist. So machen wir unsere Stadt sauberer und auch die Mobilität für diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, besser.

Mit unserer Mobilitätsoffensive bauen wir das Angebot bei Bussen, Bahnen und neuen Mobilitätsangeboten aus – mit besserem Takt und mehr Kapazität auf vielen Linien. Doch wir wollen mehr und größere Veränderungen. Statt auf das Nachfrageverhalten zu reagieren, werden wir schrittweise neue Angebote schaffen und damit das Umsteigen gezielt erleichtern. Auch in den Gebieten, die nicht durch das U- und S-Bahnnetz direkt angebunden sind, muss das Angebot noch spürbar dichter und besser werden.

Wir verbinden diesen Angebotsausbau mit einem zentralen Versprechen: Bis 2030 wollen wir erreichen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in ganz Hamburg von morgens bis in die Abendstunden innerhalb von 5 Minuten ein öffentliches Nahverkehrsangebot erreichen können. Dadurch kann man dann ohne Auto zu jeder Zeit komfortabel unterwegs sein und pünktlich ans Ziel kommen. Die meisten Busse und Bahnen werden dann mindestens alle 5 Minuten verkehren, so dass Fahrpläne überflüssig werden. Das ist unser Hamburg-Takt.

Um den Hamburg-Takt bis 2030 zu realisieren, werden wir das MetroBus- ebenso wie das StadtBus-Netz ausbauen sowie neue Quartiersbusse und ExpressBus-Verbindungen zwischen bedeutenden Stadtzentren schaffen. Auch alle anderen Buslinien sollen stetig ausgebaut und verstärkt und schrittweise elektrifiziert werden. Die Anzahl der Bushaltestellen in unserer Stadt wollen wir um mehrere hundert erhöhen. Damit verkürzt sich für viele der Weg von der Haustür zum ÖPNV. Wo es sinnvoll ist, werden wir weitere Busspuren und Ampelvorrangschaltungen einrichten, um dem Busverkehr Vorfahrt einzuräumen.

Um den Hamburg-Takt und unsere ambitionierten Vorhaben für den Ausbau des Nahverkehrs Schritt für Schritt gut und verlässlich umsetzen zu können, ist eine enge Zusammenarbeit und ein wirksamer Schulterschluss aller beteiligten Behörden, Unternehmen und relevanter Externer erforderlich. Nach dem Vorbild im Wohnungsbau wollen wir ein Bündnis für die Mobilitätswende etablieren mit verbindlichen und nachprüfbaren Beiträgen aller Beteiligten. So gelingen Hamburg-Takt und Mobilitätswende!

Aber es geht auch um neue Mobilitätsformen – wie Stadtrad, Carsharing und Sammeltaxi-Systeme. Wir sorgen dafür, dass diese hamburgweit zum Einsatz kommen und Schritt für Schritt auch in den Außenbezirken verfügbar sind. Das wird noch mehr Verbindungen in und zwischen Stadtteilen schaffen – ganz im Sinne einer umfassenden Mobilität. Das heißt, wir vernetzen die Angebote neu und nutzen digitale Innovationen. Unsere Ausbau- und Sanierungsprogramme für den Radverkehr und die Gehwege runden dieses umfassende Mobilitätsangebot ab.

Mobilität für alle bedeutet auch, dass wir den barrierefreien Ausbau im öffentlichen Nahverkehr weiter vorantreiben. Dazu zählt nicht nur der konsequente barrierefreie Ausbau von U- und S-Bahn-Stationen. Auch bei Kreuzungsumbauten und Straßensanierungen werden wir besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen legen. Im Zuge der Sanierung von Straßen werden wir die Bushaltestellen barrierefrei umbauen, mit Sonderborden für einen bequemen Einstieg und taktilen Leitelementen für sehbehinderte Fahrgäste.

Und alle sollen sich dieses Angebot auch leisten können. Deshalb setzen wir auf Tarife, die übersichtlich, verständlich und sozial ausgewogen sind, und haben die HVV-Preis-steigerungen Ende 2019 zum ersten Mal auf den Inflationsausgleich begrenzt. Außerdem können Seniorinnen und Senioren das HVV-Seniorenticket seit dem 15.12.2019 rund um die Uhr nutzen. Den Schnellbuszuschlag werden wir perspektivisch vollständig abschaffen.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen darüber hinaus dafür sorgen, dass es einen einheitlichen Tarif für alle gibt, die in unserer Stadt leben, lernen und sich qualifizieren. Wir wollen ein gemeinsames Tarifangebot für Fach- und Berufsschülerinnen und -schüler sowie Auszubildende schaffen, damit diese für 365 Euro im Jahr im HVV-Großbereich mobil sein können: das HVV- Jugendticket. Es ergänzt das Semesterticket, das für Studentinnen und Studenten gilt.

Darüber hinaus werden wir die Schülerinnen und Schüler in der kommenden Legislaturperiode schrittweise von den Kosten des ÖPNV befreien und ein kostenloses HVV-Schülerticket einführen. So können junge Menschen aktiver und eigenständiger unterwegs sein – und das kostenlos, umweltbewusst und nachhaltig und unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern! Das wollen wir als SPD unterstützen. Deshalb ist dieses Ticket auch ein wichtiger Beitrag für die Familienfreundlichkeit der Stadt und wird Familien finanziell erheblich entlasten.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen wir dadurch entlasten, dass wir das HVV-Profiticket ausweiten. Insbesondere kleinere Unternehmen mit wenigen Beschäftigten haben bisher keinen Zugang zu diesem Tarifangebot. Auch für diese wollen wir deshalb eine Möglichkeit schaffen, dem Profiticketverbund ab dem oder der ersten Beschäftigten beizutreten.

Im öffentlichen Dienst der Stadt Hamburg haben bislang erst rund 26 Prozent der Beschäftigten ein HVV-Profiticket. Wir wollen diesen Anteil deutlich steigern und prüfen hierfür, steuerfreie Fahrgeldzuschüsse einzuführen bzw. diese zu erhöhen. Auch mit Blick darauf, private Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu motivieren diesem Beispiel zu folgen und so deutlich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein günstiges Jobticket anzubieten.

Es gehört zum Grundverständnis unserer sozialdemokratischen Politik, dass Mobilität einen wichtigen Beitrag zur sozialen Teilhabe leistet. Deswegen wollen wir Sozialticketlösungen für Menschen ohne oder mit sehr geringen Einkommen entwickeln.

Um das Bezahlen für die Angebote des ÖPNV deutlich zu vereinfachen, wollen wir das elektronische Ticket im HVV (HVV-Card und HVV-App) weiterentwickeln. Mit dem Verfahren CIBO (Check-in/Be-out) wollen wir erreichen, dass die Fahrgäste automatisch immer zum für sie richtigen und besten Preis unterwegs sind. Mehrere Fahrten an einem Tag werden dann beispielsweise zu einer Tages- oder Gruppenkarte zusammengefasst. Der HVV soll damit auch für Gelegenheitskunden noch attraktiver werden.

Wie wollen Sie eine integrierte Verkehrsplanung für die Metropolregion Hamburg realisieren?

FDP: Wir Freie Demokraten setzen auf eine Verkehrspolitik, die persönliche Vorlieben berücksichtigt, vielfältige Mobilitätsangebote schafft und unterschiedliche Interessen der Verkehrsteilnehmer ausgleicht. Individuelle Mobilitätsbedürfnisse und das Gemeinwohl sind für uns kein Gegensatz,sondern gehören zusammen. Durch Zuverlässigkeit, Sicherheit und optimiertes Verkehrsmanagement wollen wir dafür sorgen, dass Konfliktsituationen zwischen Verkehrsteilnehmern minimiert werden. Denn der begrenzte öffentliche Raum steht allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung. Daher versprechen wir Freie Demokraten die liberale Mobilitätszusage für Hamburg: Allen Hamburgern soll ermöglicht werden, mit öffentlichen Verkehrsmitteln die zentralen Verkehrsknotenpunkte und ihren Arbeitsplatz mindestens so schnell zu erreichen wie mit dem Auto. Eine moderne städtische Verkehrspolitik unterstützt Transportmittel, die sowohl in der Produktion als auch bei Betrieb und Entsorgung umweltfreundlich und emissionsarm sind. Strikte Verbote bestimmter Technologien sowie einseitige Förderungen lehnen wir Freie Demokraten ab.

SPD: Mit einer klugen Verkehrsentwicklungsplanung werden wir die Maßnahmen fördern, die am besten geeignet sind, zukunftsfähige Mobilität in der Stadt zu gewährleisten. Dabei stimmen wir uns eng mit unseren Partnern in der Metropolregion ab, die im Prozess der Verkehrsentwicklungsplanung ohnehin eng eingebunden sind, und betrachten alle Belange des Stadtverkehrs. Dazu gehören Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes, der Luftreinhaltung und Lärmbelastung genauso wie die Anforderungen der Logistik, des Radverkehrs, des Autoverkehrs und der Fußgängerinnen und Fußgänger.

Im Rahmen der kontinuierlichen Verkehrsentwicklungsplanung ist auch Raum für neue Ideen für die besten Lösungen zur Verbesserung der Mobilität in Hamburg und der Metropolregion.

Wie wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger an einer integrierten Verkehrsplanung für die Metropolregion Hamburg beteiligen?

FDP: Wir Freie Demokraten wollen die Bürgerinnen und Bürger zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt beteiligen an der Verkehrsplanung vor ihrer Haustür beteiligen. Durch einen ergebnisoffenen Dialog mit den interessierten Bürgerinnen und Bürgern, kann ein Projekt mehr Akzeptanz erfahren. Öffentlichkeitsveranstaltungen und Onlineaktionen sind dabei genauso wichtig, wie eine regelmäßige und transparente Berichterstattung in den zuständigen Ausschüssen der jeweiligen Bezirksversammlungen.

SPD: Der Prozess der Verkehrsentwicklungsplanung wurde im Frühjahr 2019 gestartet. In den nächsten drei Jahren wird ein strategisches Handlungskonzept für den gesamtstädtischen Verkehr erarbeitet. Die Themenschwerpunkte sind Öffentlicher Verkehr, Nahmobilität, Digitalisierung, Wirtschaftsverkehr und Mobilitätsmanagement in Stadt und Region.

Bürgerinnen und Bürger sowie fachlich Interessierte sind eingeladen, sich in den Prozess der Verkehrsentwicklungsplanung einzubringen und mit dem Zukunftsthema Verkehr in Hamburg auseinanderzusetzen.

Wie wollen Sie die von der aktuellen Bundesregierung angestrebte Verdoppelung der Fahrgastnachfrage im ÖPNV in der Metropolregion Hamburg erreichen?

AfD: U/S-Bahn bildet das Rückgrat des ÖPNV. Diese müssen in Kooperation mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein über Hamburgs Stadtgrenzen hinaus verlängert werden, wo immer dies möglich und sinnvoll ist. In dem Zuge darf die Bildung von Ringstrukturen nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist ein Modernisierungsprogramm zu starten mit dem Ziel, dass eine Taktung unter 2 Minuten möglich ist. Mittel- bis langfristig soll so durch die Schaffung attraktiver ÖPNV-Verbindungen ein Umstieg auf den ÖPNV und Reduzierung der Pendlerströme und damit des MIV erreicht werden.

Das ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht ein erstrebenswertes Ziel, allerdings nur zu erreichen, wenn die einzelnen Qualitätsmerkmale wie Zuverlässigkeit, Preisgestaltung, Sauberkeit, Erreichbarkeit, Sicherheit, Komfort für die Nutzer akzeptabel bleiben.

Eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen im ÖPNV zu postulieren ist insofern unseriös, weil die Angabe eines Zeitraums und die Konzepte fehlen, die aufzeigen wie das umgesetzt werden soll. Die Forderung des Bundes steht und fällt daher mit den Mitteln, die dieser für diese notwendigen Investitionen zu Verfügung stellt.

FDP: Ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr ist der Schlüssel zu mehr Fahrgästen. Mit der Schaffung eines norddeutschen Verkehrsverbundes (von Flensburg bis Hannover), der sich als Dachmarke mit einem gemeinsamen Außenauftritt verbindlich für Schnelligkeit, Sauberkeit und Sicherheit einsetzt, wäre dieses deutlich einfacher zu erreichen. Ein konsequentes und vernetztes Pünktlichkeitsmanagement mit fortlaufender Minimierung möglicher Betriebsstörungen wird dazu führen, die Kundenzufriedenheit langfristig zu steigern, um damit noch weitere Fahrgäste zu gewinnen.

Um weitere Pendler zu gewinnen, müssen bedarfsgerecht P+R‐Parkplätze, auch im Umland, geschaffen werden. Parkgebühren für P+R‐Parkplätze sollten abgeschafft oder in voller Höhe mit Tickets für den ÖPNV verrechnet werden.

SPD: Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht vor, mit einem Schienenpakt von Politik und Wirtschaft bis 2030 doppelt so viele Bahnkundinnen und Bahnkunden zu gewinnen und auch mehr Güterverkehr auf die umweltfreundliche Schiene verlagern.

In Hamburg wollen wir die Attraktivität des ÖPNV durch den massiven Angebotsausbau (dichteres Netz und dichtere Takte) so steigern, dass die Hamburgerinnen und Hamburger, aber auch Pendlerinnen und Pendler aus dem Umland überzeugt werden, vom privaten Pkw auf den ÖPNV umzusteigen.

Neben dem Bau der U5, der S4 und S 32 sowie der Verlängerung der U4 und der S21 sollen zahlreiche zusätzliche Buslinien und Bushaltestellen geschaffen werden. Zusammen mit neuen innovativen Verkehrsangeboten wie On-Demand-Shuttles und Sharing-Angeboten entsteht unter der Bezeichnung „Hamburg-Takt“ in der gesamten Stadt ein flächendeckendes ÖPNV-Angebot.

Welchen Modal Split wollen Sie ausgehend vom aktuellen Modal Split (19 bis 22 Prozent) für den ÖPNV in der Freien und Hansestadt Hamburg und in der Metropolregion Hamburg erreichen?

FDP: Unser Ziel für Hamburg ist keine konkrete Verbesserung der Modal Split Quote. Blind Zahlen nachzueifern, entspricht nicht unserer Herangehensweise. Wir orientieren unsere Ziele an dem Bedarf der Menschen und wollen dem bestmöglich nachkommen.

SPD: Unser Ziel ist es, mittels erheblicher Angebotsausweitung im Schnellbahn- und Busverkehr sowie durch die Einbindung von On-Demand-Verkehren in den ÖPNV dem Fahrgast bis 2030 binnen 5 Min. ein adäquates öffentliches Verkehrsangebot bereit zu stellen und somit den Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr (Wege) von heute 22 % auf 30 % in 2030 zu steigern.

Wie wollen Sie eine Verringerung der durch den Verkehr verursachten Emissionen erreichen?

AfD: Leistungsträger im ÖPNV sind U/S-Bahn, hier muss der Handlungsschwerpunkt liegen. Kapazitäten lassen sich hier realistischer Weise nicht in wenigen Jahren aufbauen. Aufgrund der in den anderen Antworten aufgezeigten Ansätzen und Vorschlägen halten wir einen Anteil von rund 30 % für ambitioniert und machbar, was wohl kaum vor 2035 zu erreichen wäre.

Wer sich objektiv die Verringerung der Emissionen im MIV seit 1980 bis heute ansieht, muss feststellen, dass die Wirtschaft bedingt durch Forschung und Entwicklung hier bereits erhebliche Verbesserungen eingeführt hat und noch einführen wird. Im ÖPNV besteht Einsparpotential in Bezug auf die Emissionen durch Automatisierung (U/S-Bahn), den Einsatz von Hybrid-Bussen (Oberleitung/Batterie) und der Erkenntnis, dass ein gleichmäßig fließender Verkehr in vielerlei Hinsicht, auch unter umweltpolitischen Aspekten, immer noch das Beste ist. Es gibt Ampelschaltungen und andere Maßnahmen, die bezweifeln lassen, dass diese Erkenntnis wirklich überall vorhanden und auch angestrebt wird.

Bündnis 90/ Die Grünen: Wir wollen den ÖPNV mit einer Preis- und Angebotsoffensive stärken. Die Infrastruktur wollen wir deutlich ausbauen, indem wir in U- und S-Bahn und Fähren investieren, mit Expressbussen in die Offensive gehen, den Fährverkehr ausbauen und die Stadtbahn als wichtige Ergänzung in die Reihe unserer Verkehrsträger aufnehmen. Unser Ziel ist es, dass bis zum Jahr 2029 etwa 30 Prozent der Wege mit dem HVV zurückgelegt werden. Insgesamt wollen wir den Anteil des Umweltverbundes (ÖPNV, Rad- sowie Fußverkehr) am Modal Split auf 80 Prozent erhöhen. Dadurch wird die Lärm- und Luftbelastung in der Stadt deutlich reduziert. Für die Metropolregion Hamburg bedarf es gemeinsamer Anstrengungen der Bundesländer und des Bundes die Gleiskapazitäten so zu erhöhen, dass merklich mehr Nahverkehrszüge verkehren können, damit auch die langen Strecken der Pendler*innen in den Umweltverbund verlagert werden können. Wir wollen erreichen, dass sich alle Bundesländer auf einen gemeinsamen Ausbauplan verständigen.

Die Linke: Mobilität in Hamburg im Jahr 2030: Wer hätte das gedacht? Der Protest der Schüler_innen (“fridays for future”) und vieler andere Hamburger_innen vor mehr als zehn Jahren hat die lange geforderte Verkehrswende vorangebracht. Nach dem Vorbild von Kopenhagen haben die Planer*innen und Politker*innen nicht mehr dem Autoverkehr, sondern Fuß, Rad, Bus und Bahn den Vorrang gegeben. Für die großen Wohnquartiere in Steilshoop, Osdorfer Born, Jenfeld und Kirchdorf-Süd ist endlich die Bahnanbindung im Bau, wichtige Teilstrecken werden bereits genutzt. Oberirdische Stadtbahnlinien – wesentlich kostengünstiger und schneller als U-Bahnen zu bauen – wurden auf wichtigen Querverbindungsstrecken wie dem Ring 2 oder Ring 3 und auch auf direktem Weg in die Stadt hinein gebaut. Das 365-Euro-Jahresticket für den HVV war ein großer Erfolg, seit 2025 gibt es die fahrscheinfreie, für die Kund_innen kostenlose, Nutzung des HVV. Für die immer zahlreicher gewordenen Radfahrer_innen gibt es ein flächendeckendes, hamburgweites Radverkehrsnetz mit breiten, geschützten und auch schnellen Radwegen und Fahrradstraßen; mehr als die Hälfte aller Wege in Hamburg werden wie in Kopenhagen mit dem Rad zurückgelegt. Zu Fuß gehen in der Stadt ist zum neuen Trend geworden. Hatten 2019 noch 43 Prozent aller Hamburger Haushalte kein Auto, sind es jetzt 75 Prozent. Autofahren ist aus der Mode geraten. Nach dem Erfolg der autofreien Innenstadt in Hamburg vor zehn Jahren sind immer mehr Quartiere und ganze Stadtteile zu fast autofreien Zonen geworden. Die Menschen an den am stärksten von der Luftverschmutzung betroffenen Straßen, wie z.B. Max-Brauer-Allee, Stresemannstraße, Kieler Straße oder Habichtstraße) können wieder gefahrlos durchatmen. Durch Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit auf den Straßen sind auch die Unfall- und Verletztenzahlen drastisch gesunken.

Die Bewohner_innen, die nicht auf ein eigenes Auto angewiesen sind, haben die Wahl zwischen Bahnen, Bussen – auch Oberleitungsbussen- , Taxen und öffentlichen Kleinbussen (“ridepooling”) – wenn sie nicht mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ein wollen. Die Liefer- und Entsorgungsverkehre erfolgen dank Citylogistik gebündelt und umweltfreundlich. Der Anteil des MIV im Modal Split ist auf 15 bis 20 Prozent gesunken.

In der Metropolregion hat sich die Zusammenarbeit der Bundesländer und Kreise im Verkehrsbereich vorbildlich entwickelt. Gemeinsam wurde das Angebot an Bus und Bahn sowie an Rad(schnell)wegen ausgebaut, so dass immer weniger Pendler*innen nach Hamburg und in die Städte im Metropolgebiet noch auf ein eigenes Auto angewiesen sind. Der Öffentliche Verkehr ist komfortabel (mit ausreichend Sitz- und Arbeitsplätzen), zuverlässig und pünktlich. In Planungs- und Zukunftswerkstätten haben die Bürger*innen der verschiedenen Regionen ihre Ansprüche und Wünsche diskutiert, Modelle ganz unterschiedlicher Art entwickelt und diese dann mit den Verwaltungen, Verkehrsunternehmen, Aufgabenträger*innen und Politik weiterentwickelt. Zum Erstaunen vieler “Fachleute” war das Beharren auf den eigenen PKW nur gering ausgeprägt.

Das 365-Euro-Jahresesticket sowie die mittlerweile kostenfreie Nutzung des HVV (und anderer Verbünde) haben die Kund*innenzahlen nach oben schnellen lassen. Der Bund hat erkannt, dass Förderprogramme zum Ausbau des ÖPNV auch finanziell und volkswirtschaftlich betrachtet rentabler sind als der Autobahn- und Straßenausbau.

FDP: Um auch im Verkehrssektor die Klimaschutzziele zu erreichen, halten wir die Einbeziehung des Verkehrssektors in den Emissionshandel für sinnvoll. So wird technologieoffen durch einen kontinuierlich steigenden einheitlichen CO2‐Preis der Anreiz gesetzt, möglichst viele Emissionen einzusparen. Wir Freie Demokraten positionieren uns hingegen klar gegen emissionsbedingte Fahrverbote. Stickoxidbelastungen können durch intelligente Verkehrslenkung, grüne Wellen und städtebauliche Maßnahmen gesenkt werden. Autofreie Zonen können lokal eine Bereicherung der Stadtquartiere sein und der Belebung des öffentlichen Raums dienen. Sie dürfen jedoch nicht instrumentalisiert werden, um eine Anti‐Autofahrer‐Politik durch die Hintertür durchzusetzen. Autofreien Zonen werden wir im Einzelfall zustimmen, wenn es das Einverständnis des anliegenden Einzelhandels und Gewerbes sowie der Anwohner gibt. Anfahrten durch Lieferanten und Kunden (Parkhäuser), ausreichende Umfahrungsmöglichkeiten für den Ausweichverkehr sowie eine gute ÖPNV‐Erschließung müssen gewährleistet sein. Die flächendeckende Einführung von Tempo‐30 lehnen wir ab. Stattdessen setzen wir auf die Förderung alternativer Antriebe. Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, bei allen potenziellen Antriebsarten Chancengerechtigkeit für alle technologischen Optionen sicherzustellen („level playing field“), u.a. durch Angleichung von Förderbedingungen und Berücksichtigung der jeweiligen Umweltbilanz. Insbesondere die Hindernisse bestehender regulatorischer oder gesetzlicher Vorschriften für die Nutzung von synthetischen flüssigen Kraftstoffen (e‐fuels), Wasserstoff oder Flüssiggas (LNG), Erdgas als CNG (Compressed Natural Gas), LPG (Liquified Petroleum Gas) oder als Bio‐Erdgas (Synthetic Natural Gas, SNG) im Verkehrssektor sind zu hinterfragen und zu beseitigen.

SPD: Der SPD-geführte Senat hat erst kürzlich eine Fortschreibung seines Klimaplans und den Entwurf eines neuen Klimaschutzgesetzes vorgelegt und damit zwei entscheidende Weichen gestellt, um die Klimaziele Hamburgs zu erreichen. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß um 55 Prozent sinken, bis 2050 soll Hamburg klimaneutral werden. Der Klimaplan beschreibt die Verantwortung und die jeweiligen CO2-Minderungsziele in den Sektoren „Verkehr“, „Private Haushalte“, „Gewerbe, Dienstleistung, Handel“ und „Industrie“. Er enthält eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, die zu der erforderlichen Verringerung der CO2-Emissionen bis 2030 führen sollen.

Die Mobilität steht aufgrund der Digitalisierung, Elektrifizierung und Automatisierung vor großen Herausforderungen. Die Technologien werden bis 2030 sehr viel weiter entwickelt sein. Die Freie und Hansestadt Hamburg wird den technologischen Fortschritt nutzen, um einen positiven Einfluss auf die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich zu erzielen und zeitgleich mehr Mobilität für die Hamburgerinnen und Hamburger zu ermöglichen. Die wesentlichen Elemente für das Erreichen der CO2-Minderungsziele sind:

  • ein weitreichender Paradigmenwechsel im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) von einer nachfrage- hin zu einer angebotsorientierten Planung (Hamburg-Takt). Ziel ist es, mittels erheblicher Angebotsausweitung im Schnellbahn- und Busverkehr sowie durch die Einbindung von On-Demand-Verkehren in den ÖPNV dem Fahrgast bis 2030 binnen 5 Min. ein adäquates öffentliches Verkehrsangebot bereit zu stellen und somit den Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr (Wege) von heute 22 % auf 30 % in 2030 anzuheben. Durch massiven Angebotsausbau (dichteres Netz und dichtere Takte) sollen die Hamburgerinnen und Hamburger überzeugt werden, vom privaten Pkw auf den ÖPNV umzusteigen.

  • die Elektrifizierung von Fahrzeugflotten (Pkw, Lkw usw.), d.h. die Zusammensetzung der Antriebsarten der Fahrzeuge.

Hier eine Auswahl von Maßnahmen aus dem Klimaplan im Sektor Verkehr:

Mobilität:

  • Ausbau ÖPNV durch Neubau U5, S32, S4, Verlängerung S21, U4, Verdichtung durch zusätzliche Haltestellen; Einführung eines ExpressBus- und QuartierBus-Netzes

  • Verknüpfung von klassischen öffentlichen Mobilitäts-, Sharing- und On-Demand-Angeboten, Ausbau digitaler Informations- und Vertriebssysteme, weiterer Ausbau von Mobilitäts-Hubs (switchh-Punkte)

  • Umsetzung Veloroutenkonzept, Planung und Bau von Radschnellwegen

  • Förderprogramm für Lastenräder sowie Programm für öffentliche Fahrrad-Abstellplätze

  • Anreiz zum Verkehrsmittelumstieg durch autofreie Innenstadt-Zonen

  • Ausbau und Betrieb öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge auch auf gewerblichen und privaten Flächen vorantreiben

  • Vollständige Umstellung von Carsharing-Flotten auf E- Fahrzeuge nach EmoG

  • Erarbeitung und Umsetzung Gesamtstädtisches Konzept Letzte Meile

  • Ausbau von Landstrom für Containerschiffe, Landstrom für Kreuzfahrtschiffe an den Terminals HafenCity und Steinwerder

  • Emissionsfreie Alsterschifffahrt

  • Steigerung der E-PKW-Flotte im FHH-Fuhrpark und öffentlicher Unternehmen