Antworten auf die Verkehrspolitischen Wahlprüfsteine zur Wahl der Hamburgischen Bürgerschaft am 23. Februar: Themenfeld Fahrzeuge

Der Fahrgastverband PRO BAHN hat im Vorfeld der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft in 11 Themenfeldern insgesamt 72 Wahlprüfsteine erstellt. Lesen Sie hier die Antworten der verkehrspolitischen Sprecher der in der Hamburger Bürgerschaft vertretenen Parteien zum Themenfeld Fahrzeuge:

Bei der Bestellung und der Inbetriebnahme neuer Fahrzeuge gibt es Kritik. Die Fahrzeuge sind verspätet verfügbar, in zu kleiner Anzahl bestellt und leiden unter Verfügbarkeitsproblemen (Kinderkrankheiten).

Wie wollen Sie für diese grundsätzlichen Herausforderungen Abhilfe schaffen?

AfD: Das geht nur über einen verbesserte Qualitätskontrolle, insbesondere bei der Abnahme der Fahrzeuge.

FDP: Eine bedarfsgerechte Entwicklung darf nicht nur Reaktionismus sein, sondern muss auch vorausschauend vorgehen, mit einem gut skalierbaren System. Die kürzlich in Betrieb genommenen Fahrzeuge sind schon jetzt an ihrer Kapazitätsgrenze und Hamburg wächst stetig weiter an.

Wie stehen Sie zur Einsetzung externer Gutachter, um die Inbetriebnahme neuer Fahrzeuge zu verbessern?

AfD: Die Maßnahme würden die AfD sofort unterstützen.

FDP: Wir Freie Demokraten stehen qualifizierten und sinngebundenen Gutachten positiv gegenüber.

SPD: Die Neubaufahrzeuge der Baureihe 490 der S-Bahn wiesen zahlreiche Kinderkrankheiten auf, die vor allem auf der Linie S21, wo die neuen Fahrzeuge vornehmlich eingesetzt werden, zu einer schlechten Betriebsqualität führten. Die Erprobung der neuen Fahrzeugbaureihe konnte aufgrund der herstellerverursachten Lieferverzögerung nicht, wie im Verkehrsvertrag zwischen der FHH und der S-Bahn Hamburg GmbH vereinbart, zum Dezember des Jahres 2018 abgeschlossen werden. Ein elektrischer Triebzug ist ein hochkomplexes System, sodass erfahrungsgemäß diverse Komponenten erst im Echtbetrieb Probleme aufzeigen. Konkret haben sich bei den Neufahrzeugen Störungen bei Displays für die Zugabfertigung, bei elektronischen Komponenten des Antriebs und Störungen an den Fahrgasttüren gezeigt.

Zur Beseitigung der fahrzeugseitigen Störungen erhielten die Züge ein Softwareupdate seitens des Herstellers, um die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge deutlich zu erhöhen. Die bereits umgerüsteten Fahrzeuge zeigen ein deutlich reduziertes Störungsverhalten. Die Störungen an den Türen resultieren im Wesentlichen aus der Funktionsweise der Türen, die aufgrund veränderter Sicherheitsvorgaben ein leicht verändertes Störungsverhalten aufweisen. Um Störungen an den Fahrgasttüren beziehungsweise der Lichtschranke der Türen zu verhindern, werden Markierungen an den Türen angebracht und die Fahrgäste zusätzlich über Lautsprecherdurchsagen, im Fahrgastfernsehen und über die sozialen Medien über die Funktionsweise der Türen informiert. Des Weiteren sind am Hauptbahnhof Sicherheitsmitarbeiterinnen und Sicherheitsmitarbeiter im Einsatz, die die Fahrgäste zusätzlich über die neue Türschließtechnik informieren.

Halten Sie Strafzahlungen für Verfügbarkeitsprobleme der Fahrzeuge für angebracht? Wenn ja, sollen die Strafzahlungen für Verfügbarkeitsprobleme von den Eisenbahnverkehrsunternehmen oder von den Herstellern geleistet werden.

AfD: Ja, halten wir für angebracht, findet in der Luftfahrt zum Beispiel auch statt, aber schwer durchzusetzen aufgrund der Marktlage. Gemäß dem Verursacherprinzip hat dieser zu bezahlen, ist also vom Einzelfall abhängig.

Bündnis 90/ Die Grünen: Die Betriebsqualität im S-Bahn-Netz Hamburg erreicht seit dem letzten Winter nicht mehr die Qualität, die wir erwarten. Die wesentlichen Störungsursachen waren in der durch den Fahrzeughersteller verursachten Verzögerung der Fahrzeugauslieferung und unzureichenden Fahrzeugqualität begründet. Weitere Störungsursachen sind auf die Infrastruktur zurückzuführen. Im Rahmen eines Runden Tisches sind daher konkrete Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur schnellstmöglichen Betriebsstabilisierung der S-Bahn mit der DB verbindlich vereinbart – insbesondere auch zur Instandhaltung der Infrastruktur. Jeder komplette oder teilweise Fahrt- oder Zuglängenausfall bedeutet für die S-Bahn finanzielle Einbußen. Wir wollen aus diesen Erfahrungen lernen und die Fahrzeugbeschaffung für die S-Bahn ähnlich wie bei der U-Bahn, langfristiger planen und stärker städtisch begleiten. Die Durchsetzbarkeit von höheren Strafzahlungen hängt von den jeweiligen Verhandlungspositionen ab und bedingt in der Regel, dass sich mindestens zwei Bewerber auf eine Ausschreibung bewerben.

Die Linke: Im Bereich der Eisenbahnfahrzeuge würde es Sinn machen, auf große Serien, die länderübergreifend beschafft werden, zu orientieren. Unvermeidliche Kinderkrankheiten würden hier zwar am Anfang auch auftreten, aber im Verlauf der weiteren Auslieferung wären diese dann abgestellt. Ob der Prozess der Inbetriebnahme mithilfe externer Gutachter_innen sinnvoll ist, können wir nicht beurteilen, sind aber grundsätzlich der Ansicht, dass entsprechendes Fachwissen bei einem Eisenbahnunternehmen vorhanden sein muss.

Strafzahlungen sind ein Mittel, damit die Industrie ihre Produktionsmöglichkeiten realistisch einschätzt und nicht für unerfüllbare Zeitpläne bietet. Wer diese zu tragen hat ist von der Fallkonstellation abhängig: werden die Fahrzeuge durch das EVU beschafft, besteht zwischen Stadt und Hersteller keine Vertragsbeziehung und Strafzahlungen können nur das EVU treffen. Bei einer Beschaffung durch einen landeseigenen Fahrzeugpool kann die Strafzahlung direkt dem Hersteller auferlegt werden.

FDP: Malus‐Klauseln sind ein geeignetes Mittel, um die Einhaltung eines Vertrags zu unterstützen. In Fällen, wo bereits bekannt ist, dass Probleme bezüglich der Vertragseinhaltung vorkommen könnten, sollte verstärkt zu diesem Mittel gegriffen werden.

SPD: Die verkehrsvertraglichen Regelungen beinhalten ausreichend Anreize für die Erbringung einer qualitativ hochwertigen betrieblichen Leistung. Jeder komplette oder teilweise Fahrt- oder Zuglängenausfall bedeutet für die S-Bahn finanzielle Einbußen. Neben den Fahrgästen als Nutzergruppe ist die S-Bahn Hamburg GmbH als Unternehmen damit durch unzureichende Betriebssituationen wirtschaftlich betroffen.